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Wer einmal hier war, wird es nicht vergessen: Das kleine Filmtheater in Münster bei Dieburg mit dem herrschaftlichen Namen „Kaisersaal“ versetzt den Besucher in alte Zeiten und das nicht nur, wenn ein Historienfilm anläuft. Die alten Kinosessel aus Holz sind mit leuchtend rotem Samt bezogen. Eine einmalige Konstruktion aus schmalen Fensterbrettern und daran hängenden Blumenkästen dient als Ablage für Getränke und Knabbereien. Diese habe dem Lichtspielhaus den Spitznamen „Blumenkasten-Kino“ eingebracht, erzählt Betreiberin Bettina Herzing-Müller schmunzelnd. Mit der anderswo unerreichten Beinfreiheit fühlt sich der Cineast wirklich wie ein „Kaiser“. Unvergesslich bleibt auch der Geruch des alten Kinos in der Nase: Der Duft mit dem vor allem die Münsterer Urgesteine das Eintauchen in Welten der Stars und Sternchen verbinden müssten. Denn die „Kaisersaal-Lichtspiele“ sind ein Traditionsbetrieb: Schon die Großeltern von Bettina Herzing-Müller übernahmen das Kino 1936 nach einjährigem Anlauf. 1955 nach Einführung des neuen Bildformats Cinemascope war ein größerer Umbau nötig. Das Kino wurde bis auf die Grundmauern abgerissen und binnen weniger Wochen wieder neu aufgebaut. Eine weitere Sanierung fand 1979 statt, bei der wegen der allgemeinen Kinokrise und für mehr Sitzkomfort die Anzahl der Stühle von 300 auf 194 reduziert wurde. Seitdem hat sich zumindest im Kinosaal nicht mehr viel verändert. Dafür umso mehr im Vorführraum: Im Jahr 2011 hat die Digitalisierung auch im kleinen Dorfkino Einzug genommen – zwangsläufig. Dieter Müller, Ehemann von Bettina Herzing-Müller, erinnert sich: „Es war schrecklich, als wir den alten Projekttor abgebaut haben. In dieser Zeit war ich fix und fertig.“ Inzwischen habe er sich damit aber gut arrangiert, meint der Technikbegeisterte. Doch zu guter Letzt noch auf 3D umsteigen wollte das Paar dann aber nicht auch noch: „Die Investition steht in keinem Verhältnis mit den Einnahmen. Wir haben nur eine Leinwand und längst nicht jeder Film ist in 3D“, begründet Bettina Herzing-Müller ihre Entscheidung. Die Produktionen in diesem besonderen Format seien auch wieder rückläufig, fügt Dieter Müller hinzu. Zudem passten die typischen 3D Animations- und Actionfilme nicht zum Klientel. „Häufig warten die Leute bis der Film bei uns in 2D läuft, bis sie sich ihn ansehen“, berichtet Müller. So konzentrierten sich die Kinobesitzer auf kleinere Produktionen häufig aus dem europäischen Raum. Seit dem Jahr 2000 gibt es die Filmreihe „CinemaPlus“, die von einer „aufmerksamen Mitbürgerin“ angeregt worden sei. In der Zeit, wo viele kleine Kino abgerissen und Multiplexkinos wie Pilze aus dem Boden schossen, habe sie sich für die Erhaltung des Kaisersaals bei der Gemeindevertretung eingesetzt. So erhielt das Projekt, bei dem die Bürger einmal in Jahr die Filme für die Reihe auswählen können, finanzielle Starthilfe von der Gemeinde. Gezeigt werden „kulturell wertvolle“ Filme. Inzwischen ist die Filmreihe so erfolgreich, dass die Vorführung nun statt nur an jedem ersten auch an jedem zweiten Mittwoch im Monat stattfindet. Trotzdem empfiehlt das Ehepaar Müller-Herzing eine Kartenreservierung. Längst ist das Münsterer Kino zum Treffpunkt für die Bürger geworden. Solch ein Zuspruch kommt aber nicht von selbst: Es ist dem kleinen Filmtheater anzumerken, dass es mit Liebe und Leidenschaft geführt wird. Bettina Herzing-Müller kocht gerne und hat ein Konzept entwickelt, die angrenzende Gastronomie mit dem Kino zu verbinden. Zum jeweiligen Film passend bietet sie ein Gericht an. „Bei einem irischen Film habe ich zum Beispiel einen Irish Stew angeboten. Als wir einen Film zeigten, der in Israel spielte, habe ich mir vorher koschere Rezepte besorgt“, erzählt sie.

Aber auch am Kartenschalter kann sich das Publikum mit Genüsslichem für die Filmvorführung eindecken: Hier gibt es neben Chips & Co. und Süßigkeiten aus bauchigen Bonbongläsern auch selbstgemachtes Eis. Biowein- oder Limonade und Kaffeespezialitäten aus fairem Handel sind im Getränkeangebot.

Das aktuelle Programm und alle Infos sind auf der Homepage der Kaisersaal-Lichtspiele zu finden.

Dieter Müller und Bettina Müller-Herzing im Vorführraum

Dieter Müller und Bettina Müller-Herzing im Vorführraum

 
Kaisersaal
Inh. Bettina Herzing-Müller
Darmstädter Str.23
64839 Münster
Telefon: 06071 31151
kino@kaisersaal-lichtspiele.de

 

 

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